„Travestie ist ein Eintauchen in eine Scheinwelt. Sie ist etwas Illusionäres, was ich dann auch als schön empfinde. Sie hat Glanz, sie hat Ausstrahlung und ist außergewöhnlich. Sie hat nichts mit dem Alltag zu tun, der nicht so glitzerig, bunt, mondän und nicht voll von diesen großen Gefühlen ist. […] Es ist ja nicht nur das Äußerliche, das Kostüm und das schöne Gesicht. Sondern es ist auch das Spiel mit den Emotionen, wenn sie mit extra viel Herz auf die Bühne gehen oder mit einer gewissen Arroganz die Diva spielen, die Unnahbaren. Alles das was emotional darstellbar ist, geht auch mit auf die Bühne. Im Alltag würde das wie deplatziertes Pathos wirken, weil man so gar nicht miteinander umgeht und sich so begegnet. Das ist wieder dieses Herausgehobene, das auf die Bühne gesetzt wird. Da kann ich etwas sein, was ich im Alltag nicht bin. Und ich kann das in dem Moment hundertprozentig sein, mit Identifikation und Herzblut und eben auch mit dem Gefühl. Wahrscheinlich aber auch in dem Wissen, dass in dem Moment wo der Vorhang zugeht und ich mich umdrehe alles wieder vorbei ist. […] Aber man kommt der Welt ja nicht abhanden, im Gegenteil. Die Welt sitzt ja dann im Publikum und guckt einem zu. Denn nirgendwo ist man der Welt näher als in den Momenten in denen man sich ihr zeigt und sich ihr präsentiert.”
Nora Eckert ist Autorin und engagiert sich im Vorstand des Trans Inter Queer e.V.. Sie lebt seit 1976 als Transfrau in Berlin.
Das Gespräch dauert 2:06:40 und wurde im Winter 2020/21 aufgenommen.